Unzufriedene Kunden im Kosmetikstudio – Krise oder Chance?
Die Kosmetikerin kann unzufriedene Kunden als Chance nutzen, um notwendige Veränderungen vorzunehmen. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie eine Coachingklientin von mir, dies in ihrem Kosmetikstudio schaffte.
Ich schreibe diesen Artikel in der weiblichen Form, ich spreche von Kundinnen. Nicht, weil ich die Männer diskriminieren will, sondern weil es immer noch die Frauen sind, die prozentual gesehen, häufiger das Kosmetikstudio besuchen, als die Männer. Um den Lesefluss nicht zu erschweren, nutze ich deshalb das generische Femininum – also die Kundin. Ich bitte die Männer dafür um Verständnis.
Coachingauftrag: Besserer Umgang mit unzufriedenen Kunden und deren Reklamationen
Kosmetik soll nicht nur reinigen, straffen, vitalisieren, pflegen, deodorieren, parfümieren und entspannen, sondern auch das Lebensgefühl steigern und soziales Prestige ausdrücken helfen. Ein hoher Anspruch, der leicht unerfüllt bleibt, wenn Kundinnen unzufrieden sind. Wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Erwartungen in einem dieser Bereiche nicht erfüllt werden.
Meine Klientin, Frau R., bietet in ihrem ganzheitlich geführten Kosmetikinstitut nicht nur Gesichts- und Körperpflege an. Die Angebotspalette reicht von Hand- und Fußpflege über Nageldesign zu verschiedensten Massagen. Selbst Workshops und Seminare im Wellness-Bereich bereichern ihr Portfolio. Da ist es nicht verwunderlich, dass es immer mehr Reklamationsfelder in ihrem Studio gibt.
Frau R. hat das Problem, dass sie ihre Kundinnen zwar fachlich sehr gut bedient, jedoch deren Ansprüche, wenn sie unzufrieden sind, extrem persönlich nimmt. Sie fühlt sich leicht angegriffen, ungerecht beurteilt und wird dadurch schnell wütend. Wenn sie diese Wut unterdrückt, bekommt sie umgehend Magenschmerzen. Lässt sie der Wut ihren Lauf, beleidigt sie ihre Kundinnen und diese bleiben weg.
Gründe, die zu Unzufriedenheit und dadurch zu Reklamationen führen
Frau R. schildert, weshalb ihre Kundinnen unzufrieden sind
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Nach wie vor sind Produktunverträglichkeiten die häufigsten Gründe für Reklamationen. Meist wünschen meine Kundinnen dann eine kostenfreie Behandlung mit anderen Produkten oder den Umtausch der gekauften Ware.
- Im Nageldesignbereich wollen die Kundinnen oft längere Auflagen, ohne mit diesen gut hantieren zu können. Dann ist eine Reklamation wegen eingerissener Nägel fast vorprogrammiert und der Wunsch nach komplett neuen Nägeln sehr nahe liegend.
- Bei den modernen Massagetechniken, wie z.B. Hot Stone oder ayurvedische Heißstempelmassagen, die eine Mitarbeiterin von mir durchführt, kommt es hin und wieder vor, dass die Auflagen zu heiß sind. Wenn die Kundinnen monieren, wollen sie zum Ausgleich häufig länger massiert werden.
- Da ich auch Wellness-Seminare durchführe, finden manche Teilnehmerinnen ihre Gründe zu reklamieren und gar Geld zurückzuverlangen. Wenn z.B. die Inhalte des Seminars nicht mit den Erwartungen, die aber überwiegend nicht mit mir kommuniziert wurden, übereinstimmen.
- Auch Stress, Frust oder Ärger, den die Kundinnen mitbringen, führt zu Reklamationen, die dann allerdings nicht gerechtfertigt sind. Da will einfach jemand Dampf ablassen. Der Krach mit dem Partner, der Ärger mit den Kindern, der Frust mit der Freundin oder auch die nicht erfolgte Gehaltserhöhung – all dies sind Gründe, weshalb plötzlich die Wimpernwelle nichts taugt, das Make-Up unmöglich aussieht oder die Enthaarung viel zu schmerzhaft ist.
- Oft ist es so, dass die Kundinnen sich im Studio insgeheim über etwas geärgert haben – über mich oder auch über meine Mitarbeiterinnen – und trotzdem nicht in der Lage sind, darüber mit der Person zu sprechen, die es betrifft. Allerdings erfährt die Freundin, die Mutter, der Partner und viele andere mehr, ganz sicher von der Unzufriedenheit, sodass mein Studio gleich in vielfacher Hinsicht Negativwerbung erhält.
Frau R. ist einerseits froh, wenn ihre Kundinnen reklamieren, sich beschweren oder sogar Forderungen stellen, denn dann hat sie Handlungsmöglichkeiten. Andererseits bemerkt sie, dass sie viele Beschwerden zu persönlich nimmt. Ihre Reaktionen auf Reklamationen sind ihrer Meinung nach höchst ausbaufähig.
Reklamationsgespräche souverän und professionell führen
Jede Beschwerde kann ein willkommener Anlass sein, die Beziehung zum Kunden zu verbessern, erläutere ich Frau R. Wer einen hervorragenden Kundenservice bieten möchte, muss von der Konflikt- zur Reklamation-Kultur finden. Diese zieht eine außerordentlich enge und weit reichende Kundenbindung nach sich. Hierzu gehören Mut und die Bereitschaft, die Beschwerde nicht nur zu hören, sondern sie als ersten Schritt zur Verbesserung der eigenen Dienstleistungen zu erkennen.
“Wenn es ein Geheimnis für Erfolg gibt, so ist es dies:
den Standpunkt des anderen verstehen und die Dinge mit seinen Augen sehen”,
sagte einst Henry Ford.
Ich erkläre Frau R., dass sie lernen kann, durch die Brille ihrer Kundinnen zu schauen. Sie darf deren Gefühle und Bedürfnisse wahrnehmen und gleichzeitig ihre eigenen Bedürfnisse spüren. Wenn sie beide anspricht und Verständnis dafür aufbringt, wird es ihr möglich werden, eine einfühlsame und respektvolle Verbindung herzustellen, mit der Konflikte zu lösen sind. Sie sollte dabei die Reklamation der Kundin und ihr Anliegen weder verharmlosen, noch sollte sie sich vor ihr rechtfertigen.
Anhand eines Beispiels verdeutliche ich Frau R, was ich meine
Schon während der Behandlung ist ersichtlich, dass die Kundin nervös ist. Da wippen die Füße, sie schaut öfters auf die Uhr, sie schluckt sehr häufig, die Atmung ist auch während der Gesichtsmassage schnell und unregelmäßig. In ihren Erzählungen schwingt unterschwellig Aggression mit. Beim Bezahlen sagt sie wie nebenbei: “Also heute war die Gesichtsmassage nicht so gut wie sonst, ich konnte gar nicht entspannen. Außerdem verriet mir meine Nachbarin, dass die Ampulle im Institut XY viel preiswerter ist.”
Nun darf sich die Kosmetikerin folgende Fragen stellen:
- Was will die Kundin wirklich ausdrücken?
- Welches Bedürfnis hat sie?
- Welche Gefühle stehen im Vordergrund?
- Wie fühle ich mich?
- Welche Bedürfnisse habe ich?
- Wie könnte ein einfühlsames Gespräch diese Kundin – und auch mich – zufrieden stellen?
Nach Marshall B. Rosenberg sind hierbei vier Schritte notwendig:
1. Beobachten ohne zu bewerten: Die Gesichtsmassage hat ihnen heute nicht so gut gefallen wie sonst. Ich habe bemerkt, dass sie öfters mit den Füßen gewippt haben und auch Ihre Atmung war nicht so ruhig, wie ich es von ihnen kenne. Und obendrein ging ihnen noch durch den Kopf, dass die Ampulle anderweitig günstiger sei, als bei mir.
2. Gefühle wahrnehmen und äußern: Das hört sich für mich so an, als wären sie jetzt sehr enttäuscht und auch empört, stimmt’s? Das berührt mich,…
3. Verantwortung für die Gefühle übernehmen und Bedürfnisse äußern: …weil es mir nämlich sehr wichtig ist, dass sie zufrieden sind und dass das Preis-Leistungs-Verhältnis für sie und für mich stimmt.
4. Bitte äußern: Deshalb bitte ich sie, mir zu sagen, was sie jetzt von mir erwarten.
Da die Kundin sich in ihren Gefühlen verstanden fühlt und nun auch die Bedürfnisse der Kosmetikerin kennt, hat sie die Möglichkeit, all das zu äußern, was sie wirklich will.
Oft hört man dann Sätze wie: “Na ja, ich hatte kurz bevor ich kam Streit mit meiner Tochter, der ging mir während der ganzen Zeit nicht aus dem Kopf. Vielleicht konnte ich deshalb nicht richtig entspannen. Ich fühle mich ja sonst immer sehr wohl bei Ihnen.”
Erste Hilfe bei Gefühlsstau durch Reklamationen
Neben der einfühlsamen Kommunikation bespreche ich mit Frau R. auch noch ihre mangelnde Frustrationstoleranz. Was kann sie tun, wenn sie wieder von Wut übermannt wird, sobald eine Kundin sie ihrer Meinung nach unfair behandelt? Wie wird sie den aufsteigenden Ärger wieder los, damit sie diesen nicht an der nächsten Kundin oder an ihren Mitarbeiterinnen auslässt?
Schnell wieder in Balance kommen
Gut geeignet, um schnell wieder in die Balance zu kommen, ist eine Atemübung, die mit einer mentalen Vorstellungsübung verbunden ist.
Ich leite Frau R. an, gleich mal mitzumachen:
“Nehmen sie einfach eine bequeme Sitzhaltung ein. Schließen Sie Ihre Augen und stellen Sie sich vor, dass Sie an einem kleinen Bächlein sitzen. Die Sonne scheint, das Wasser plätschert und die Luft riecht nach Natur. Dann atmen Sie diese Stimmung tief in den Bauch ein, sodass die Bauchdecke sich wölbt. Beim Ausatmen lassen Sie bewusst allen Ärger, allen Frust in den Bach fließen. Dieser nimmt ihn mit. Und jetzt immer wieder im Wechsel: gute Stimmung einatmen – Ärger ausatmen.”
Schon nach 2-3 Minuten ist die Laune wieder im Lot.
Eine einfühlsame und gewaltfreie Kommunikation und Übungen zum Stress- und Ärgerabbau sind nicht nur im Umgang mit Kunden hilfreich. Beides erleichtert das menschliche Miteinander enorm. Deshalb ist eine Investition in entsprechende Schulungen gut angelegtes Geld.
Fazit:
Frau R. lernte in einigen Coachingsitzungen die gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg. Außerdem übte sie einige unterschiedliche Entspannungsverfahren, sodass es ihr immer leichter gelang, ihre Wut ohne Magenschmerzen oder emotionale Ausbrüche zu verarbeiten. Beschwerden und Reklamationen seitens der Kundinnen nimmt sie nun relativ gelassen und sieht in ihnen die Chance, die Kundenbindung zu vertiefen. Auch ihre Mitarbeiterinnen profitieren von ihrer jetzt ausgeglicheneren Art. Sie machen weniger Fehler und die Stimmung im Studio ist harmonischer.
Über die Autorin: Sylvia Bieber
Meine Mission ist Ihre Selbstkompetenz!
Ich liebe es, wenn Klienten nach einem Coaching mit Sätzen wie: „Ich kann das“, „ich mach das“, „ich traue es mir zu“, meine Praxis verlassen und sich selbstbestimmt und unabhängig fühlen.
Gerne helfe ich auch Ihnen, sollten Sie sich frustriert, machtlos oder angstvoll fühlen. Ich zeige Ihnen, wie Sie da ändern können – und Ihre Lebensfreude kehrt zurück.
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