Liebe Sylvia,

ich bin sehr dankbar für das Erlebte. Ich hätte nie erwartet, dass eine Gruppe völlig fremder Personen quasi meine Kindheit nachstellen kann, ohne dass ich auch nur ein Wort über meine Familienverhältnisse erzählt hätte. Das war schon ein magisches Erlebnis. Es war, als hätte jemand einen Film daraus gemacht, den ich dadurch analysieren konnte.

Zunächst einmal bin ich nach wie vor sehr überrascht über das Thema, auf dem die Aufstellung aufbaute. Ich hatte eigentlich etwas anderes aufstellen wollen, aber die Aufstellung zeigte einen ganz anderen Aspekt. Der war mir zuvor gar nicht bewusst gewesen und vielleicht war es daher wichtig, ihn zu sehen.

Die Aufstellung hat mir auf jeden Fall die besondere Verbindung zu meinem Bruder noch einmal verdeutlicht. Auch habe ich daraus mitgenommen, dass ich zwar gerne helfen darf, wenn ich darum gebeten werde, aber für niemand anderen als mich Verantwortung übernehmen kann. Es gibt Dinge, die ich anderen nicht abnehmen kann, so schwer es auch fällt, sie damit ringen zu sehen. Das lässt mich bestimmte Anfragen oder Situationen bewusster betrachten und mich fragen, ob ich mich in die Angelegenheit hineinziehen lassen muss – im Sinne von die Emotionen selbst auch zu empfinden, obwohl es nicht meine Situation ist. Das heißt nicht, dass ich gleichgültig werde, nur, dass mir bewusst wird, dass es der Person und mir nicht hilft, wenn ich versuche, Verantwortung für etwas zu übernehmen, das nicht meins ist.

Ich bin allerdings noch nicht sicher, inwieweit die bei der Aufstellung gezeigte Situation mit meinem eigentlichen Problem zusammenhängt. Ich habe nach der Aufstellung eine große Erleichterung und Leichtigkeit empfunden, eine große Freude und Zuversicht auf die Zukunft. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass ich für das eigentliche Problem noch keine (Auf-)Lösung gefunden habe. Ich kann mir sehr gut vorstellen, in Zukunft noch einmal eine gezieltere Aufstellung zu machen, aber im Moment muss ich das Erlebte erst einmal verarbeiten. So unbedeutend mir der gezeigte Aspekt auch erscheint, war die Aufstellung ein hoch emotionales und damit auch sehr anstrengendes Erlebnis, von dem ich mich ein wenig erholen muss – was vermutlich bedeutet, dass der Aspekt doch nicht so unwichtig ist und nur der Kopf der Meinung ist.

Die Aufstellung an sich kann ich jedem wirklich von Herzen empfehlen. Es war für mich ein wirklich großes Erlebnis und diese Art der Problemlösung ist trotz ihrer großen Intensität sanft. Sie erschlägt einen nicht mit Traumata, die plötzlich hochgeholt werden, sondern gibt die Möglichkeit, einfach in der Beobachterperspektive zu bleiben. Man wird sehr berührt von dem Gezeigten, aber man ertrinkt nicht in Emotionen, weil das quasi die Darsteller in dem Moment für eine kurze Zeit auf sich nehmen.

Es war meine erste Aufstellung bei Sylvia und ich habe mich von Anfang an willkommen und abgeholt gefühlt. Die liebevolle und doch klare Art, die Aufstellung zu führen und einzugreifen, wenn die Emotionen zu stark wurden, hat bei den vier Aufstellungen, die an dem Tag stattgefunden haben, zu schnellen Auflösungen geführt. Das Faszinierende daran ist, am Anfang sieht es so aus, als wäre die Situation so verfahren, dass es keine Lösung geben kann. Und dann wird ein Element bewegt und plötzlich fällt alles andere an eine Position, die sich gut und richtig anfühlt, eben so, als wäre ein Knoten gelöst. Das Problem nicht nur zu sehen, sondern auch dessen Auflösung und am Ende diese Energie übertragen zu bekommen, ist unglaublich heilsam.

Ich finde es nur ein wenig beängstigend, dass man auch als Aufsteller als Darsteller ausgewählt werden kann. Mich da nicht dauernd zu fragen, ob das Gedachte aus mir selbst oder aus dem Feld der Familie der aufstellenden Person kommt, fiel mir schwer. Es ist aber spannend, wie man sich während dieser Darstellung verändert, wie die Art zu sprechen irgendwie anders ist und auch die Art, wie man sich fühlt.

Alles Liebe und bis bald.

Herzliche Grüße
Saskia